Dienstag, 28. Mai 2013

…der Morgen nach der Erweckung....

Miátha Lopakka; aus Ode XII, Vers II
...nicht Aug' allein bereit zur Sicht,
...auch Herz kann schenken, helles Licht;
...sei weise, klug, laß es gescheh'n,
...Herz zeigt den Weg, du wirst es seh'n...


Muehlhausen im Oktober 2012.

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Die Rosen verstroemten einen tiefen, fast betaeubenden Duft.

Gedankenversunken blickte Marc hinweg ueber das Meer aus Blueten in allen erdenklichen Farben. Im Hintergrunde sah er ein paar nette Blumendamen eifrig beschaeftigt, florale Dekorationen herzurichten und die aktuellen Neuigkeiten der letzten Tage auszutauschen. Marc Silva besuchte nicht zum ersten Male dieses fuer eine Kleinstadt ueberdimensionierte Geschaeft, hatte er hier doch des Oefteren schon die richtigen Kleinigkeiten fuer seine Werkstuecke gefunden.
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Durch die Gaenge schlendernd ging ihm die letzte Nacht nicht aus dem Kopfe.

 ...ch`Jar-Taé...
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Selbst jetzt, am naechsten Morgen war ihm das Ganze unfaßbar, obwohl er im Grunde ja gewußt hatte, was auf ihn zukommen wuerde, zumindest, wenn er die alten Schriften in der korrekten Art uebersetzt hatte. Nein, vielmehr arbeitete er ja seit laengerer Zeit genau auf diese Situation hin, er war wohl eher ueberrascht ueber das so ploetzlich eintretende Ergebnis. Eine heiße Welle aus Stolz wallte in ihm nach oben – er, Marc Silva – hatte es geschafft. Der erste Schritt war erfolgreich gewesen.
Und seinen Entzifferungen zufolge konnte die naechste Stufe nicht lange auf sich warten lassen.
…ch`Jar-Taé wuerde sich offenbaren, in diesem Leben offenbaren, vielleicht nicht sofort im Fleische - im Lebendigen, aber doch nicht mehr nur innerhalb der Reichweite des Scheines der weißen Steine, der von ihm eigens dazu angefertigten steinernen Reime. Irgendwann jetzt sollte es geschehen, so lautete es zumindest in den alten Schriften.
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Sich vor einem Regal voll von wunderschoenen großbluetigen Blumen tieferbeugend, konnte er durch die Luecken zwischen den kleinen Pflanzenkoerbchen sehen, und das Bild, welches sich ihm bot, stimmte ihn froehlich.
Die oberste der Blumendamen raeumte ihm gegenueber kleine rosenfoermige Schalen ein, er erkannte sie an ihrem aeußerst knappen Roeckchen und den wohlgeformten Beinen, wie immer besohlt mit auffaelligem Stiefelwerk.
In der Vergangenheit hatte er des Oefteren einen eher fluechtigen Blick auf den Minirock geworfen, doch hatte er seine Gedanken nie ohne Zuegel dahineilen lassen.
Heute jedoch war er in einer Stimmung....
Nein, hier in diesem Regale war heute nicht das Richtige zu finden. Doch das tat seiner Laune am heutigen Tage keinerlei Abbruch. Sah er sich einfach an anderer Stelle um.
Voller Tatendrang erhob er sich und … NEIN... Marc erstarrte... Sein Herz schien zu stocken.
Er konnte kaum unterscheiden zwischen der scheinbaren Hitze oder fuehlbaren Kaelte, welche ihn durchrieselte.
NEIN und wieder Nein, das konnte nicht sein ...ch`Jar-Taé...! Was geschah hier nur. Marc erschauerte, versuchte erste vernuenftige Gedanken zu fassen, sich zu sammeln. SIE war es, unverkennbar, doch nein, vor ihm stand Minirock Tarja, die Obere der Blumendamen. 
Es war einfach unglaublich, derart irreal, doch nein, es war einfach Tarja, die freundliche Blumendame mit einer Vorliebe fuer ueberdimensioniertes Schuhwerk und knapp bemessene Kleidung.
Langsam faßte sich Marc Silva, versuchte seine normale Art, rational zu denken, im vollen Umfange durchzusetzen.
In scheinbarer Ruhe blickte er auf, Tarja voll ins Gesicht. Zum ersten Male schaute er sie mit einem nie dagewesenen Interesse an, hatte sich doch bis heute sein Ansinnen im Anblicke des Minirockes erschoepft.
Unverkennbar: diese markanten Konturen, Augenbrauen, Art der Glabella, dieser Schwung der Palpebrae, Form der Lippen....ja, diese Zuege hatte er letzte Nacht gesehen, nur in einer Gestalt aus verschiedenem Licht, aus Funkeln und Leuchten. Doch hier stand jemand, jemand aus Fleisch, und ganz sicher einem Fleische entsprungen und bestimmt auch in der Lage welches zu geben.
Marc Silva schien der Kopf zu zerspringen, Gedanke legte sich ueber Idee, tiefes Erstaunen ueber jegliche Erklaerung. Hier lohnte jedes Erforschen, jede Erkenntnis konnte und mußte ihn weiterbringen auf seinem vorgeschriebenen Pfade – der Via Signorum.
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Blumendame Tarja blickte ihm unverwandt ins Gesicht, schien etwas amuesiert, mußte sogar im Ansatze ein leichtes Schmunzeln verbergen. Diese Reaktion von Maennern jeglichen Alters waren ihr nicht unbekannt, im Gegenteil, oft forderte sie diese heimlich heraus, ihre Kleiderwahl entsprang in der Regel nicht dem Zufalle. Sie konnte sich himmlisch weiden in jener Art der Blicke, welche scheinbar verschieden doch im Grunde immer das Gleiche bedeuteten. Manchmal wurden ihr gar Nummern von Fernsprechapparaten oder Einladungen zugesteckt, teilweise auch nette Dinge gesagt, manche plump, einige wenige charmant oder gar liebevoll. Doch in all den Jahren war sie niemals den notwendigen Schritt gegangen, jenen Schritt von unwahrscheinlicher Tragweite, kaum im Vorfelde einzuschaetzen mit all seinen Konsequenzen fuer die Zukunft...

...war da im Hintergrunde doch noch immer ALDAR, das personifizierte Schwert des Damokles; Aldar, welcher ihr Leben bis in die letzten Fasern kontrollierte, mit eiserner Faust bestimmte und mit staehlernem Herzen beherrschte, und ganz sicher nicht von den geheimen Gedanken wissen durfte, Gedanken, welche sie vor vielen Jahren in ihrer einsamen Brust verschlossen hatte und dort bis zum Gange in die naechste Welt zu verbergen gedachte.
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Und nun stand da dieser andere Mann, starrte sie an, unverwandt den Blick in sie bohrend. Doch merkwuerdig, sie empfand es nicht als unangenehm, im Gegenteil, es war ein offener und ehrlicher, auf keinen Fall aber abschaetziger Blick, und er schien zu sagen...
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Marc Silva hatte sich gefaßt. Vor ihm stand Blumendame Minirock, denn daß es sich bei ihr um Tarja handelte, sollte er erst spaeter in Erfahrung bringen, ausgerechnet durch sie selbst.
Eindeutig war, daß sie das Aussehen der naechtlichen Besucherin hatte, selbst der Blick schien zu aehlichem Ausdrucke faehig zu sein. Er mußte sie kennenlernen, ihr von seinen Aktivitaeten berichten, seine Gedanken darlegen. Vielleicht wuerde sie sogar verstehen, daß ihr beiderlei Schicksal enger miteinander verknuepft war, als ihr im Momente ueberhaupt bewußt sein konnte, doch wuerde dieses Unterfangen eines groeßeren Aufwandes beduerfen, um sich erfolgversprechend zu entwickeln.
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Er beschloß, sich gut vorzubereiten, seine schriftlichen Quellen zu Rate zu ziehen und vielleicht gar eine Uebersetzung durch den NUCLEUS VIAE SIGNORUM anzustrengen. Rasch verabschiedete er sich vom Miniroeckchen, nachdem er seine Fassung soweit wiedergewonnen hatte, daß er gesprochene Worte von sich geben konnte.

… Blumendame Tarja blickte ihm geistesversunken nach....

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Samstag, 25. Mai 2013

Torsten Kriese; Speculum VI, Carmen frontalis
...Stund' um Stund' wohl ich gewacht,
...des Tages an der Erde,
...mit Sehnsucht wartend auf die Nacht,
...ich Dir dann folgen werde...
  
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 … Abend im catlab-Designstudio...
Muehlhausen im Oktober 2012... 

Eine schwarz-glaenzende Kiste funkelte erhaben im Bilde des catlab-Spiegelwerkes VI.
Im Inneren ruhten die hellen, steinernen Platten der ersten Tria-Geschichte. 
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 Rhythmische Erhabenheit und der Wohlklang der zusammengefuegten Silben schienen hier- wie immer vom catlab erwartet- auf die Spitze getrieben worden zu sein. Die Steine strahlten einen sanften Schein aus, zu gering, um die Umgebung zu erhellen, aber dennoch durchaus wahrnehmbar.
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Marc Silva entnahm die Platten so vorsichtig wie immer und platzierte sie in der richtigen Position.
Wie oft hatte er das gleiche Ritual schon vollzogen, immer um eine fast unscheinbare Nuance veraendert.
Ein paar wenige Male hatte er dabei fuer kurze Momente den Eindruck, er haette sich dem Ziele auf fuehlbare Weise genaehert. Dann hatten die Platten leise angefangen, mit sanften und hohen Toenen alles rundum zu umschmeicheln. Immer zu diesen Zeitpunkten hatte Marc mit allen erdenklichen Mitteln versucht, das Leuchten zu verstaerken, das Summen zu klaren und strukturierten Toenen erstehen zu lassen....
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Und einmal, ein einziges Mal, hatte es den Anschein gehabt, es wuerde richtig funktionieren, genau so, wie es in den alten Legenden schon beschrieben war.... in den Legenden um die Tria, welche Marc vor Jahren entdeckt und entschluesselt hatte....
Damals war er durch einen Zufall auf die richtigen Seiten gestoßen, unlesbare Beschreibungen, verziert mit Skizzen und Bildern und erst viel spaeter, als es zu einem Glaube an Zufaelle schon lange zu spaet war, sollte ihm ein Ereignis beim Entziffern zu Hilfe kommen, Zeichen der Via Signorum..., ein Ereignis so unfaßbar.... in jedem Falle hatte es ihm als Skala und Richttabelle gute Dienste geleistet, und er war beim Entschluesseln um wesentliche Teile vorangeschritten.
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Und dieses eine Mal, als er die zu singenden Silben genau an der richtigen Stelle, in der exakt formulierten Lautstaerke und mit den genau eingefuegten Versmaßen ueber den Steinplatten erklingen lassen hatte, war er sich sicher gewesen, es geschafft zu haben.
Doch je war der Versuch zum Abbruche gekommen. Das Flimmern erstarb damals urploetzlich, alles Surren, Rauschen, alle hintergruendigen und feinen Toene waren schlagartig erstorben.
Unmittelbar nach diesem Ereignis hatte er sich zum Ziele gesetzt, auch die letzten Grenzen zu ueberwinden und wenn noetig, alle zur Verfuegung stehenden Mittel zu Rate zu ziehen.
Seitdem war Versuch auf Versuch erfolgt, und jedesmal waren die zu beachtenden Parameter etwas verschoben und veraendert worden...
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An unserem hier beschriebenen Abend nun, alles stand wie immer bereit und das Experiment war im klassischen Stadium, in welchem die einzelnen Komponenten normalerweise zu kollabieren begannen, hier nun geschah es... das Flimmern vergroeßerte sich, noch verstaerkt durch das Spiegelwerk im Hintergrunde, ein leises rhythmisches Schlagen war erst ganz leise wahrnehmbar..tactac.., verstaerkte sich und entwickelte sich zu einem konkreten Element, fuegte sich ein in das Spiel des Hintergrundlichtes, spielte und vereinigte sich mit ihm und ploetzlich, auf dem scheinbaren Hoehepunkte, verdichtete sich alles zu einer realen Masse.
Marc konnte den Blick nicht abwenden – Im Zentrum ueber und zwischen den weißen Steinen blitzte eine Gestalt auf, erst kurz nur, dann sich im Klange der rhythmischen Schlaege verfestigend...tactac...tactac...
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Eine reale Gestalt befand sich im Raume, halb schwebend und in Teilen transparent, aber doch ein wirkliches Wesen, unverkennbar weiblich, hoch aufgeschossen, mit hellem Haar, nordisch, eine Kriegerdame, fordernde Blicke um sich werfend...dann, Marc erkennend, verharrend in stolzer Starre. Das leise Klopfen war so deutlich wahrnehmbar, so bekannt....tactac....tactac... Obwohl Marc in hoechstem Maße fasziniert war, hatte er doch genuegend Geistesgegenwart, um auf verschiedene Details zu achten. Die genaue Farbe des Haares, die Augen, funkenspruehend... und da, jetzt wußte er es. Das Klopfen war...Puls... tactac...HERZSCHLAEGE. ….UNERHOERT..... das Wesen vor ihm, ein Wesen, definitiv aus Licht, zumindest im Momente, dieses Wesen hatte Herzschlag! ...oder nein, es waren keine realen Schlaege.. .UNGLAUBLICH... SIE , unverkennbar eine Sie, sie kreierte Herzschlaege. Marc war bis aufs Aeußerste fasziniert! Es...nein, Sie war imstande, Herzschlaege zu simulieren, sie tat es, und das ganz eindeutig fuer ihn...
Langsam konnte er sich aus seiner Erstarrung loesen, es war keine Furcht, es war pure Faszination und außerdem war sich Marc absolut sicher, daß das Lichtweib - das Abbild der kalten, nordischen Kriegerin - zumindest im Momente keine Bedrohung fuer ihn und die Umgebung darstellte.
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Sanft wandte Sie ihm ihren wissenden Blick zu, langsam, ihn schier durchdringend, drehte sich mit unendlicher Geduld in Richtung Spiegelwerk und ueberzog die Glaeser ganz leicht mit einem Hauche ihres Odems. Sie interessierte sich ganz augenscheinlich fuer die blitzenden Flaechen des Glases.
Leichter Schatten zeichnete sich auf der glatten Oberflaeche ab, doch Marc beobachtete weiter gebannt die Erscheinung... es war unverkennbar... SIE war ihm erschienen...
 seine Spiegelmuse....

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Das Ganze jedoch war nicht von laengerer Dauer, und wie Sie in der Lage gewesen war, sich vor seinen Augen zu materialisieren, genauso gaschah jetzt das Gegenteil. Langsam wurde ihr Bild durchscheinend, und Marc hatte das zwingende Gefuehl, daß nichts, ueberhaupt nichts, was er haette tun koennen, daran etwas aendern wuerde. Es war viel mehr als ein Gefuehl, wesentlich intensiver, er wußte es, es stand nicht in seiner Macht - und vielleicht nicht einmal in ihrer....
So begnuegte er sich mit seinen Beobachtungen. Er versuchte alles rundum in sich aufzunehmen, jedes Geraeusch, jeden Duft, alle Bewegungen und Lichtstrahlen..... alle Eindruecke, die so endlos auf íhn einstroemten...immerhin hatte er es mit Ihr zu tun, einer Muse, im Grunde bestehend aus leuchtenden Teilchen, aber dennoch mit der Faehigkeit, reale Materie zu beeinflussen!
Und als sie fast nicht mehr wahrnehmbar war, zumindest mit den Augen, als das rhythmische ...tactac...des gespielten Herzens, das Schauspiel scheinbarer Herzschlaege fast verklungen war, dieses uebermaechtige Symbol des Lebens innerhalb von Zellen aus Fleisch, aus lebendigen Teilchen fuer den Augenblick beendet war, in diesem letzten Moment aenderte sich noch etwas. Marc erkannte es ganz genau, es war unverkennbar, die Farbe der Augen. Hatten sie bis eben noch hell gestrahlt, so wurden sie recht schnell immer dunkler, fast blutig schwimmend. Und im letzten Aufscheinen rollte Ihr eine dunkelrote Traene ueber die kaum noch erkennbare Wange und tropfte auf eine der weißen Steinplatten, hielt sich dort noch in der kleinsten Vertiefung fest. 

... dann war sie weg … 
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Marc schaute sich im Raume um. Er war tatsaechlich wieder allein, einziger Beweis der Anwesenheit seiner Muse befand sich auf der weißen, mit Reimen gefuellten Platte. Er beugte sich ueber dieses Zeugnis, staunend und begreifend, in welchem Umfange sich seine Arbeit ausgezahlt hatte. War er seinem Ziele doch endlich ein entscheidendes Stueck naehergekommen. Er blickte sich um, sein Blick glitt ueber die schwarz glaenzende Kiste, seine Platten der Reime in weißem Stein. An den golden schimmernden Lettern im Spiegelwerk verharrten seine Augen liebevoll, wanderten hoeher und da..... ein Schriftzug auf dem Spiegelglas! Die Muse hatte doch noch etwas hinterlassen, hatte mehr preisgegeben!
Man konnte ein Wort deutlich entziffern ...ch'Jar-Taè ….
Der gefluesterte Hauch ueber das wundersame Spiegelwerk.... UNERHOERT, sie hatte es mit ihrem Namen gesegnet!

 ... ch'Jar-Taè...
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Mittwoch, 22. Mai 2013

 Miátha Lopakka; aus Ode III, Vers 7
- oooh, stolzes Herz...
..habt alle Acht, entzwei, bald tot,
..in stiller Nacht die Augen rot...

Prolog:

Die Straßen der kleinen Stadt
 Muehlhausen am Rande des großen alten Waldes Hainich waren erfuellt vom Laerm vieler gluecklicher Menschen. Das alljaehrliche mehrtaegige Fruehlingsfest lockte Tausende auf die Straße. Bis in die oberen Etagen der Haeuser umher war das Treiben zu spueren.

Da geschah es zum ersten Male, ein kleines und unscheinbares Geraeusch, zu leise, um wirklich aufzufallen....
Der Tuerschluessel der Eingangspforte begann sich unmerklich zu bewegen...

Marc Silva saß eng umschlungen in den Armen einer dunkelhaarigen und auffallend energisch wirkenden Frau und ließ es sich mit zutiefst empfundener Wonne gefallen, wie sie seinen Ruecken mit ihren sanften und aeußerst zielsicheren Haenden in eine Woge aus wolluestigem Zittern versetzte.
Er versenkte seinen Kopf in ihre Flut aus dunklen Locken und fuehlte sich geborgen wie schon lange nicht mehr, waehrend durch die halbgeoeffneten Fenster das lautstarke und froehliche Feiern der ganzen Stadt zu Ihnen drang, gepaart mit dem sanften Windhauche eines lauen Fruehlingsabends.
Wie lange hatte er sich gesehnt nach dieser Waerme, diesem Hals und Nacken mit einem ganz eigenen Duft, in welchem man sich verlieren konnte, das Jetzt und Hier vergessend und zeitlos dahingleitend...

Die Geraeusche an der Tuer wurden immer draengender, doch Marc schien nicht weiter darauf zu achten, so intensiv gefangen war er in den Liebkosungen, welche ihm da so hingebungsvoll geschenkt wurden und welche er genauso liebevoll erwidern wollte..

Ploetzlich stand SIE, einen großen Schatten werfend, in der offenen Pforte... TARJA – die blonde, hochaufgeschossene Muse der Acantique-Spiegel.
Ihr Blick fiel auf Marcs Ruecken und die zierliche Dunkelhaarige unter ihm und wuetende Roete ueberzog sofort ihr Gesicht. Zornesblitze, wie nur sie imstande war, auszusenden, erfuellten den
ploetzlich spannungsgeladenen Raum, als sie sich, erstarrt vor Eifersucht, in großer Hast herumdrehte und die Treppe zum Eingange hinunterstuermte.
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Im Flur zur Straße, dort, wo das neueste und aufwaendigste Werk im Acantique-Design seinen vorlaeufigen Platz gefunden hatte, blieb Tarja fuer einen Moment stehen, zitternd, besann sich und betrachtete ihr Spiegelbild. Das Weiße in ihren Augen blitzte, noch bebend vor Wut, doch bei naeherem Hinsehen haette man erkennen koennen, wie sich eine leichte Farbveraenderung vollzog. Die Zornesroete des Gesichtes nahm zwar ab, doch in dem Grade, wie sich ihr Antlitz zu normalisieren schien, aenderte sich die Farbe ihrer Augen...
Es schien, als wuerden sich die Augaepfel tiefrot verfaerben, alles Blut aus dem Gesichte aufsaugen und in sich konzentrieren. - Und im selben Umfange nahmen ihre Zentren, ihre Pupillen eine giftiggelbe Toenung an... 

Da war es...ihr zweites Ich war wiedererwacht...
...ch'Jar-Taè war zurueck.
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 Sie betrachtete sich nochmals im Spiegel, holte tief und langanhaltend Luft und konnte auf diese Weise ihr normales Aeußeres wieder annehmen und nur, wer sie ganz genau ansah und dabei geuebt war, konnte am veraenderten Blinzeln erkennen, daß man in Wirklichkeit das duestere Raubtier ch'Jar-Taè vor sich hatte - gut versteckt im taeuschenden Ausgehgewande Tarjas...
Feiernde Festbesucher zur Seite schiebend und sich mit unerhoerter Macht und latenter Aggressivitaet ihren Weg bahnend, verschwand die scheinbare Spiegelmuse im Menschengetuemmel.

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Im Herbst und Winter des Jahres 2012 trugen sich in Muehlhausen/Thueringen Ereignisse zu, welche in ihrer Einzigartigkeit einen erheblichen Anteil an der Mystifizierung der Spiegelwerke des catlab/Thueringen hatten.


Die Initiatoren des catlab-Design beschaeftigten sich damals mit den Ergebnissen des Heimatforschers Roland Lange rund um die Thematik einer Synagoge im Rathaus/Muehlhausen sowie mit der catlab- Spiegelserie der ersten Via Signorum. 

Doch wurde nebenbei ein zweites, geheimes Projekt  in aller Stille vorangetrieben, von welchem auf den folgenden Seiten hier nun Kunde getan werden soll.

Zum Schutze verschiedener Details als auch von involvierten Personen mußten einige Namen veraendert werden, ansonsten entsprechen die Darstellungen bis auf wenige kuenstlerische Aenderungen den damaligen Geschehnissen....


Ventresca de la Gato.

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